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#Kolumne – Matthias Höllings
29. März 2024

Inga Rumpf oder lieber Vögel gucken?

Was haben Zugvögel und die Bundeswehr gemeinsam? Matthias Höllings zeigt in seiner Kolumne ungeahnte Parallelen auf.

Was haben Zugvögel und die Bundeswehr gemeinsam? Matthias Höllings zeigt in seiner Kolumne ungeahnte Parallelen auf.

Beim Blick aus dem halb geöffneten Fenster werden meine Gedanken über eine neue Kolumne von einem großen Schwarm Wildgänse durchkreuzt. Geplant hatte ich einen Text über die musikalische Lesung „Zeitreise“ von Inga Rumpf. Plötzlich erinnerte ich mich an meine Bundeswehrzeit und die Zeilen: „Wildgänse rauschen durch die Nacht, mit schrillem Schrei nach Norden.“ Meine Gedanken kreisten um die Frage, ob diese Vögel immer nur nachts fliegen und woher sie eigentlich wissen, wohin sie wollen? Paul McCartney fiel mir ein. Auch er muss schon einmal ähnliche Gedanken gehabt haben, wäre er sonst auf so schöne Textzeilen für sein Lied „Blackbird“ gekommen?

„Dein Lied erklingt in tiefer Nacht
Spreiz die lahmen Flügel und flieg los
Immer schon
Hast du doch allein von diesem Augenblick geträumt.“

Vor einiger Zeit hat sich das Forschungsprojekt „Icarus“ ebenfalls mit der Frage „Wohin fliegen die Zugvögel?“ beschäftigt. Tausende Tiere wurden mit kleinen Sendern versehen, die ihre Daten an die internationale Raumstation ISS schickten. Hat tatsächlich geklappt: Die Wissenschaftler sollen mit noch kleineren Sendern und größeren Vögeln weitermachen. Zum Beispiel mit Geiern – die fliegen höher als jedes aktuelle Messgerät für die Wetterforschung. Vielleicht ist das der Grund, warum Kosmonauten außen an einer Sojus-Kapsel ein zwei Millimeter großes Loch entdeckt haben, das sich niemand erklären kann? Ich würde mal den Geier fragen. Und natürlich gilt: Augen auf bei der Auswahl der Piepmätze! Es gibt auch eigensinnige Exemplare.

 

Angeblich ist eine Pfuhlschnepfe auf ihrem Weg nach Neuseeland nach 57 Stunden und rund 2000 Kilometern wegen zu starken Gegenwindes nach Alaska zurückgeflogen. Sollte diese Schnepfe einen ISS-ender dabeigehabt haben, möchte ich nicht Wissenschaftler sein. Bekannt ist bei Zugvögeln, dass sie sich am Sonnen- und Sternenstand sowie am Magnetfeld der Erde orientieren. Bei zu vielen Wolken sehen sie trotzdem ein bestimmtes Licht und haben so den totalen Durchblick. Den hatten wir bei unseren Bundeswehr-Geländeläufen auf jeden Fall nicht, aber wenigsten festen Boden unter den Füßen.

Ich stehe mittlerweile im Garten und blicke einem weiteren Vogelschwarm hinterher, bei dem sich immer wieder ein Vogel aus der Formation löst und sich an die Spitze setzt. Das haben wir allerdings bei unseren Geländemärschen auch so gemacht. Ich blickte versonnen den Wildgänsen hinterher. Die haben den Durchblick und fliegen eindeutig Richtung Worpswede. Worpswede, was war da noch mal? Ach, ja, ich wollte über die „Zeitreise“ von Inga Rumpf am 3. Dezember in der Music Hall schreiben. Hm, jetzt habe ich keine Zeit mehr – muss weiter Vögel gucken.

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